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EU-Kommission präsentiert Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung im Online-Handel

Die Kommission hat während der Untersuchung u.a von 1.051 Einzelhändlern, 37 Marktplätzen, 89 Anbietern von Preisvergleichsinstrumenten, 17 Anbietern von Zahlungssystemen, 259 Herstellern und 248 Anbietern von digitalen Informationen eingeholt und rund 8000 Vertriebsvereinbarungen geprüft. Von der Untersuchung wurden die am häufigsten online verkauften Produktkategorien abgedeckt:

Kleidung und Schuhe, Unterhaltungselektronik, elektrische Haushaltsgeräte, Computerspiele und –software, Spielzeug und Babyartikel, Medien (Bücher, CDs, DVDs und Blu-ray-Discs), Kosmetika und Gesundheitsprodukte, Sport- und Outdoor-Ausrüstung sowie Haus- und Gartenartikel.

Nachdem im September 2016 ein Zwischenbericht veröffentlicht und im Februar 2017 erste Folgeuntersuchungen eingeleitet worden waren legte die EU-Kommission nun den Abschlussbericht vor. Über die im Zwischenbericht präsentierten Erkenntnisse hinaus ergeben sich folgende Ergebnisse:

  • Der Bericht bestätigt, dass die Zunahme des elektronischen Handels über die letzten zehn Jahre und insbesondere die Erhöhung der Preistransparenz und des Preiswettbewerbs die Vertriebsstrategien der Unternehmen und das Verhalten der Verbraucher erheblich beeinflusst haben.
  • Viele Hersteller haben sich in den letzten zehn Jahren dazu entschlossen, ihre Produkte in eigenen Online-Shops direkt an die Verbraucher zu verkaufen, und stehen damit zunehmend in Konkurrenz mit ihren Vertriebshändlern.
  • Durch den verstärkten Rückgriff auf selektive Vertriebssysteme können Hersteller ihre Vertriebsnetze, insbesondere in Bezug auf die Qualität des Vertriebs, aber auch auf die Preise, stärker kontrollieren.
    • Allerdings gäben die Ergebnisse keinen Anlass für eine Änderung des generellen Ansatzes der Kommission zum qualitativen und quantitativen selektiven Vertrieb wie er in der Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen festgelegt ist.
  • Immer häufiger werden vertragliche Beschränkungen genutzt (sehen Sie dazu die Ausführungen in der Rundmail zum Zwischenbericht), um die Kontrolle über den Vertrieb zu erhöhen. Je nach Geschäftsmodell und -strategie können solche Beschränkungen unterschiedliche Formen haben. So gibt es beispielsweise preisbezogene Beschränkungen, Plattformverbote, Beschränkung der Nutzung von Preisvergleichsinstrumenten oder den Ausschluss reiner Online-Unternehmen vom Vertriebsnetz.
    • Die Kommission kommt hier zu dem Schluss, dass Marktplatzverbote nicht grundsätzlich zu einem De-facto-Verbot des Online-Verkaufs führen oder die effektive Nutzung des Internets als Verkaufskanal beschränken und dass somit (absolute) Marktplatzverbote nicht als Kernbeschränkungen im Sinne von Artikel 4 Buchstabe b und Artikel 4 Buchstabe c der Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen angesehen werden sollten.
  • Die Sektoruntersuchung hat – nach Aussage der Kommission - bereits Unternehmen dazu veranlasst, ihre Geschäftspraktiken von sich aus zu überdenken. Der Kommission ist demnach bekannt, dass Unternehmen aus der Bekleidungsindustrie (z.B. Mango und Pull & Bear) und aus anderen Einzelhandelssektoren (der Kaffeemaschinenhersteller De'Longhi sowie der Hersteller von Fotozubehör Manfrotto) ihre Praktiken bereits angepasst haben.

Nächste Schritte: Die Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen läuft im Mai 2022 aus, und die Ergebnisse der Sektoruntersuchung bestätigen, dass eine vorzeitige Überarbeitung nicht notwendig ist. Auf Basis der Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung möchte die Kommission das EU-Kartellrecht aber zielgerichtet durchsetzen. Zu diesem Zweck plant sie weitere kartellrechtliche Untersuchungen einzuleiten. Im Februar 2017 hatte die Kommission bereits drei Untersuchungen zu Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Hotelpreisen, dem Vertrieb von PC-Videospielen bzw. den Preisen für Verbraucherelektronik eingeleitet. Auf Grundlage der Ergebnisse der Sektoruntersuchung möchte die Kommission außerdem im Rahmen des Europäischen Wettbewerbsnetzes den Dialog mit den nationalen Wettbewerbsbehörden über die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts im elektronischen Handel ausweiten, um mehr Kohärenz zu erreichen.

>> Hier den Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung downloaden