Auf meiner Visitenkarte habe ich einen QR-Code. Wenn ich diese hier in Deutschland verteile, werde ich oft (noch) verwundert angeschaut und ich werde gefragt, wohin der QR-Code denn führe. Zu meiner Website. Wenn ich meine Visitenkarte mit dem QR-Code an Chinesen gebe, gibt es keine Frage. Sie zücken sofort ihr Smartphone und scannen ihn. Was mir zu denken gibt, dass wir im Westen immer noch keine richtige Vorstellung davon haben, wie man den Code wirklich nutzt. Interessanterweise ist der QR-Code für mich DER Star der mobilen Revolution in China und ich möchte ihm daher gern einen Moment der Wertschätzung entgegenbringen und ihn etwas besser vorstellen.
Die digitale und vor allem mobile Revolution in China dreht sich im Wesentlichen um den QR-Code. QR ist die Abkürzung für Quick Response. Der QR-Code ist ein zweidimensionaler Code, der 1994 von der japanischen Firma Denso Wave entwickelt wurde und durch eine automatische beziehungsweise Korrektur sehr robust ist.
Aber warum ist der QR-Code so beliebt und wir in China mittlerweile überall eingesetzt? Weil er super einfach zu nutzen ist. Der Code kann beispielsweise auf Papier gedruckt werden - auf Flyern, Broschüren oder eben Visitenkarten - und kann dann mit einem Smartphone gescannt werden. Das funktioniert wie das Scannen eines Barcodes auf Produkten an deutschen Kassen.
In Deutschland hatten QR-Codes einen kurzfristigen Auftritt in der Werbebranche. Wenn wir an die 2000er Jahre zurückdenken, gab es einen kurzfristigen Hype, den QR-Codes ausgelöst hatten. Sie wurden vor allem für Gewinnspiele genutzt: "Scan den Code und gewinne eine Reise nach...". Das Problem: Damals waren Smartphones noch nicht weit verbreitet und nicht jeder Smartphone-Nutzer hatte eine Scan-App auf seinem Telefon installiert. Und der Scanner war noch nicht in der Kamera unseres Smartphones eingebaut wie heute. Andere Zeiten. Ich erinnere mich an Momente, in denen ich vor einem Plakat stand und auf den QR-Code schaute und dachte: "Tolle Idee, aber ich kann den Code nicht scannen. Na ja, macht nichts." Also hat sich dieser Hype - wenn es denn überhaupt ein Hype war - nie wirklich durchgesetzt.
Wie funktioniert ein QR-Code?
In China gehören QR-Codes zum Alltag und sie sind praktisch nicht mehr wegzudenken. Vor allem nicht aus dem Einzelhandel und E-Commerce. Die Codes werden von Luxusanbietern ebenso genutzt wie von Straßenhändlern. Interessant ist, dass sie von Einzelhändlern in China genutzt werden, die Online- und Offline-Kanäle erfolgreich miteinander verknüpfen - mit Hilfe der Integration von QR-Codes. Denn mehr als 80 Prozent aller chinesischen Smartphone-Nutzer verwenden laut einer Studie der Analysefirma eMarketer ihr Handy, um damit an der Ladenkasse zu zahlen. So ist es auch kein Wunder, dass die beiden größten Zahlungsanbieter mobiler Zahlungen, Alipay und WeChat Pay, auf QR-Codes setzen.
Ein Beispiel: Ein Konsument scannt offline einen QR-Code, z. B. auf Werbeflyern, Produktetiketten, Produktverpackungen, Displays in Schaufenstern oder auch Quittungen. Die im QR-Code hinterlegten Informationen des Anbieters, z. B. eines Online-Shops, eines Restaurants, eines Museums etc., öffnen sich auf dem Mobiltelefon des Kunden und er kann direkt einkaufen, einen Tisch reservieren oder ein Ticket kaufen. Über den QR-Code kann er seine Erfahrungen teilen oder gekaufte Produkte weiterempfehlen. Und er kann seine Einkäufe auch mit einem QR-Code bezahlen.
In Alibabas Supermarktkette Hema, heute Freshhippo, ist jedes Produkt mit einem QR-Code versehen. Wer den Code scannt, erhält weitere Informationen rund um das Produkt, die sonst auf den kleinen Produktschildern keinen Platz hätten. Mitunter werden sogar Videos hinterlegt oder Rezepte mit allen weiteren Produkten, die dann direkt mit eingekauft werden können.
Reisende kann man durchaus aufhalten
Für Touristen aus China war der QR-Code ein super Tool, um Sie auf den eigenen Shop aufmerksam zu machen. Dies ist aktuell nur bedingt relevant, aber ich gehe davon aus, dass die Reisenden zurückkommen werden. Und chinesische Touristen sind bekanntermaßen sehr konsumfreudig. Wenn sie also ein Geschäft in der Nähe einer bekannten Sehenswürdigkeit haben, könnte Ihnen ein QR-Code helfen, auch Laufkundschaft auf sich aufmerksam zu machen. Zwar planen Chinesen ihre Reisen in der Regel vollständig vorab, allerdings statten sie durchaus seinem Geschäft, das eh auf dem Weg liegt und interessant wirkt, einen Besuch ab. Ein Plakat im Schaufenster oder als Aufsteller vor dem Geschäft mit einer Botschaft auf Chinesisch und einem QR-Code kann durchaus locken. Vor allem, wenn es beim Scannen des Codes ein Goodie, z.B. ein Geschenk oder einen Rabatt gibt.
Chinas Verbraucher zahlen aber nicht "nur" aus Bequemlichkeit via QR-Codes, sondern auch aus Kostengründen. Nutzt man den QR-Code z. B. im öffentlichen Nahverkehr, erhält man oft einen günstigeren Preis, z. B. wenn ein an einem Automaten gekauftes Realticket 2 chinesische Yuan kostet, kann man beim Bezahlen per QR-Code 1 Yuan sparen. Und Kunden, die mobil über QR-Codes bezahlen, werden auch mit einem Geschenk oder einem Coupon für den nächsten Einkauf „belohnt“.
Scannen, ohne anzufassen
Durch die Corona-Pandemie hat der QR-Code auch international wieder an Beliebtheit gewonnen. Vor allem die Gastronomie macht sich den kleinen Code zu Nutze, denn der Code ermöglicht kontaktloses interagieren. Statt im Restaurant die Speisekarte in die Hand zu nehmen, können wir das Menü heute einfach über einen QR-Code an der Tür scannen und so auf die Speisekarte zugreifen. Mittlerweile gibt es auch Apps, mit deren Hilfe wir bestellen, zahlen und Trinkgeld geben können. Kein Wunder also, dass seit Ausbruch der Pandemie die Nutzung gemäß Angaben des Magazins Invidis weltweit um 600 Prozent gestiegen ist.
China hat QR-Codes sehr klug in die tägliche Nutzung von Dienstleistungen eingebunden. Das macht das Einkaufen, das Bestellen von Essen oder auch das Bezahlen für chinesische Konsumenten sehr bequem. Wir waren vielleicht schon früher auf die Idee mit den QR-Codes gekommen, aber was die Umsetzung angeht, hat uns China sehr schnell überholt und ist uns jetzt weit voraus. Ich glaube allerdings, dass wir uns den QR-Code jetzt auch genauer anschauen sollten und dass er auf jeden Fall ein Comeback verdient hat.