Online-Traffic in China wird immer teurer. Und die E-Commerce-Landschaft wird immer komplexer, denn Konsumenten haben eine immer größere Auswahl an Produkten, was es für Händler und Brands immer herausfordernder macht, Kunden zu gewinnen und diese langfristig an sich zu binden.
Aber China wäre nicht China, wenn es nicht auf dafür eine Lösung gäbe. In ganz China sind WeChat-Gruppen zu einem immer wichtigeren Kanal für Einzelhändler - sowohl für chinesische als auch für internationale Marken - geworden, um Zugang zu neuen Kunden zu erhalten und diese vor allem an sich zu binden. Und diese Gruppen gehören zur Kategorie „Private Traffic“.
Das Konzept des Private-Traffic ist nicht neu. Sein Pendant im Westen könnte eine E-Mail-Liste für Kunden sein. Chinesen sind allerdings nicht so E-Mail-affin wie wir hier im Westen. Im Grunde spielt sich alles auf Social ab und unter den Social Channeln in China ist WeChat der König. Mit 1,2 Milliarden monatlich aktiven Nutzern ist es die mit Abstand am weitesten verbreitete mobile App in China, und dort findet auch der meiste Privat-Traffic statt.
Und WeChat bietet dazu auch die komplette Infrastruktur: Einzelhändler und Brands können ihre Produkte auf der Foto-Sharing- und Live-Streaming-Plattform bewerben; sie können Kunden in den Chat-Gruppen zusätzlich persönliche Beratung anbieten; sie können Coupons und Gutscheine vergeben und das beste: Wenn Kunden kaufen wollen, können sie direkt in der App mit WeChat Pay bezahlen.
Wie funktioniert eine WeChat Gruppe?
WeChat-Gruppen sind auf 500 Mitglieder begrenzt. In der Gruppe erstellen fünf Marken-Admins Beiträge und stehen rund um die Uhr für Kundenanfragen zur Verfügung. In diesen Gruppen nutzen die meisten Anbieter Rabatte und Coupons, um Kunden zu locken. Diese Strategie hat sich als effektiv erwiesen, um Markentreue zu kultivieren, ergab eine Umfrage der Research- und Marketingagentur iiMedia Research. Die Umfrage ergab, dass 40,8 Prozent der Kunden diesen Gruppen genau wegen der Prämien und Coupons beitreten.
Kunden erhalten ein maßgeschneidertes Einkaufserlebnis. Zum Beispiel können persönliche Make-up-Berater professionelle Pflegeberatung und entsprechende Kosmetikempfehlungen für verschiedene Kunden mit unterschiedlichen Hauttypen geben, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Da die Gruppen auf 500 Personen begrenzt ist, entsteht ein Gefühl von Exklusivität. Das kommt gut an.
Die Verkäufe über den privaten Verkehr werden nach Schätzung der Beratungsfirma Azoya in diesem Jahr rund 3 Billionen Yuan (464 Milliarden US-Dollar) erreichen. Im Vergleich dazu wird der E-Commerce-Umsatz in China laut Zahlen des Handelsministeriums im Jahr 2020 bei 37,21 Billionen Yuan (5,75 Billionen US-Dollar) liegen. Private Traffic ist also noch klein – aber nicht zu unterschätzen. Wer hier frühzeitig mitmischt, kann sich in China durchaus einen Vorteil rausholen.
Warum ist Private-Traffic jetzt wichtiger denn je?
Im Vergleich zu den öffentlichen Plattformen wie Taobao und JD.com gehört der Private-Traffic zum "Privatvermögen" von Brands oder Einzelhändlern. Die Einrichtung eines Private Traffic-Pools kann einer Brand helfen, Kunden einfacher und zu geringeren Kosten zu erreichen und an sich zu binden.
Dabei gibt es drei wesentliche Vorteile für Unternehmen:
- Geringere Kundenakquisitionskosten: Aufgrund der fortschreitenden Entwicklung des E-Commerce Marktes sind die Kosten für die Kundenakquise sehr hoch. Einem aktuellen Bericht zufolge sind die Kosten für die Gewinnung eines neuen Kunden auf einer der öffentlichen Marktplätze 5-10-mal so hoch wie die Kosten für die Pflege eines bestehenden Kunden. Die durchschnittlichen Kundenakquisitionskosten von Alibaba stiegen von 12,17 Yuan (1,90 US-Dollar) pro Person im Jahr 2013 auf 146,15 Yuan (22,85 US-Dollar) pro Person im Jahr 2020. Obwohl Kunden, die von der jeweiligen Marke durch bezahlten Traffic gebracht wurden, einen Kauf getätigt haben, haben sie in der Regel keine weitere Interaktion mit der Brand. Beim nächsten Mal muss diese daher immer noch einen hohen Betrag an Werbekosten zahlen, um ihr Produkt zu bewerben. Umgekehrt sind die Verbraucher im privaten Traffic-Pool der Marke gegenüber loyal. Wenn die Marke neue Produkte und Aktivitäten einführt, ist Private Traffic daher eine kostengünstigere und gleichzeitig hochwertige Werbeplattform für die Brand.
- Erhöhte Kundenbindung: Konsumenten lassen sich leicht von preisgünstigeren oder höherwertigen Produkten anlocken. Angenommen, Brands können Verbraucher in ihren eigenen privaten Traffic-Pools durch Promotion-Aktionen, Interaktion mit Verbrauchern, Livestreaming und andere Formen des digitalen Marketings zusammenbringen. In diesem Fall kann sie die Bindung zwischen der Brand und den Kunden über den Produktverkauf hinaus herstellen. Brands, die es schaffen, in einer private WeChat Gruppe eine emotionale Verbindung und Interaktionen mit den Verbrauchern herzustellen, können so die Markentreue und die Wiederkaufraten steigern.
- Erhöhter Markenwert und Markenbekanntheit: Unternehmen können private Traffic-Pools aufbauen, um den Konsumenten das Gefühl zu geben, der Marke näher zu sein. Verbraucher können sich mit anderen austauschen, was die Markenbekanntheit durch Mund-zu-Mund-Propaganda direkt erhöht, wodurch sich wieder positive Markeneindrücke bilden und der Markenwert kontinuierlich steigt.
Private Traffic ist also der neueste Stern an Chinas E-Commerce Himmel und einer, den Händler und Brands, die den Schritt nach China gehen wollen, nicht ignorieren sollen. Zu diesem Thema hat Azoya übrigens ein Whitepaper veröffentlicht mit sehr vielen praktischen Beispielen: