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Blogreihe: Digitalisierung im Einkauf - Teil 2: Keine Angst vor Daten und Tools!

Von der Datenflut zur Datenstrategie: Erfolgreiches Category Management

Im ersten Teil meiner Blogreihe habe ich dargestellt, warum modernes Category Management, kurz CM, für den Handel ein nicht mehr wegzudenkender Erfolgsfaktor ist. Mir ging es darum klarzustellen, dass vor jeder Digitalisierung, vor jeder Software-Implementierung erstmal die organisatorischen Prozesse rund laufen müssen. Heute geht es folgerichtig um die Fragestellung, wie diese nun optimierten Prozesse in Einkauf und Category Management von Digitalisierung profitieren. Was macht sie schneller und effizienter. Für mehr Tempo und Effizienz müssen vor dem Start erst einmal einige Voraussetzungen erfüllt sein. Damit meine ich insbesondere die strategiekonforme Anreicherung von Produktdaten.

 

Daten, Daten, Daten

Ich treffe immer noch mittelständische Handelsunternehmen an, die aus Respekt vor der „immensen Datenflut“ den Schritt zu einer effektiven CM-Organisation meiden. Die Sorge ist zwar durchaus berechtigt, aber mit der richtigen Vorbereitung lässt sich auch diese Herausforderung elegant meistern.

Warum sind Daten für das Category Management so wichtig? Zur Erinnerung: CM verbessert durch eine kundenfokussierte, ganzheitliche Sortimentsstrategie Margen, erhöht Kundenloyalität und setzt  neue Wachstumsimpulse. Aber erst durch die intelligente Verknüpfung der unterschiedlichen Datenpunkte aus Kunden-, Produkt- und Abverkaufsdaten gewinnen Entscheider*innen neue Erkenntnisse über Sortimentstaktiken und -strategien.

 

Erfolg braucht Daten-Deep-Dive

So steigerte Walmart, vielleicht immer noch „King of CM“, seinen Umsatz von Windeln durch eine Zweitplatzierung von Windeln neben Bierkästen an Samstagen. Wie kam es dazu? In der Warenkorbanalyse fiel auf, dass Bier und Windeln samstags häufig zusammen im Einkaufswagen landeten, weil dann viele Väter unterwegs sind. Das Beispiel zeigt: Erfolg braucht Datenerhebung, kluge Datenanalyse und Verständnis für Kundenverhalten. Wenn das zusammenfällt, kann Category Management seine gesamte Wirkkraft zur Geltung bringen.

Ein weiteres Beispiel aus dem Großhandel zeigt, wie detailliert Kunden- und Produktverständnis im Idealfall kombiniert sind: In der Versorgung mit Ersatzteilen ist manchmal Zeit der entscheidende Faktor, weil sonst Maschinen stillstehen oder LKWs nicht fahren. Anders als vermutet, scheitert die Teileversorgung fast nie bei den Fast Movern. Häufig hapert es an der Beschaffung von Ersatzteilen, die Kunden selten, dann aber ganz eilig, nachfragen. Für den Großhandel lohnt sich die Bevorratung solcher Teile nur, wenn Mitarbeitende die Rolle des Produktes sehr genau als „Notfall“ im ERP kennzeichnen, und sie dann mit entsprechenden Preisaufschlägen verkaufen. Ganz gleich wie hoch der Preisaufschlag ist, der Kunde wird fast immer glücklich sein, dass das Unternehmen sofort liefern kann.

Die Learnings? Produktkenntnis und Kundenverständnis müssen verschmelzen. Zudem sollten Produktdaten akkurat mit wichtigen Details im ERP-System angereichert liegen – andernfalls können am Prozess Beteiligte das Know-how operativ nicht umsetzen. Voraussetzung für diese Art von Category Excellence ist eine eindeutige Rollenzuweisung der Sortimentskategorien und auch der einzelnen Artikel.

 

Datenqualität – die lästige Pflichtübung

Es gibt leider ein immer wiederkehrendes Dilemma bei der Digitalisierung – und das ist die Datenqualität. Zu Recht möchte jede*r den Einkauf und das CM digitalisieren, aber nur wenige beschäftigen sich wirklich intensiv genug mit der der wichtigsten Voraussetzung hierfür: eine korrekte, vollständige, konsistente und aussagefähige Qualität der Produktdaten.

Manchmal hapert es schon bei der ersten Anforderung: korrekte und vollständige Produktdaten. Sind alle Gewichts- und Größenangaben richtig eingetragen? Sind alle gesetzlichen Auflagen erfüllt? Sind alle technischen Spezifika aufgelistet, ist die Chargen-Nummer eingetragen und sind die Mindestbestellmengen hinterlegt? Die Liste könnte ich je nach Branche und Produktklasse beliebig fortsetzen. Wichtig ist, dass Verantwortliche an dieser Stelle keine Kompromisse akzeptieren, auch wenn die Pflege der Daten wie eine Never-Ending-Story wirkt.

Komplizierter wird es bei der Frage nach konsistenten Daten. Gerade bei der Fusion von verschiedenen Tochtergesellschaften ergibt es sich immer wieder, dass die gleichen Informationen in unterschiedlichen Maßeinheiten vorliegen. Auch das müssen wir leider angleichen!

 

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Bildrechte: Anni Spratt via Unsplashed

 

Nun zur Kür: Produktdaten für alle Fälle

Soweit die Pflicht. Richtig spannend wird es bei der Frage, ob die Produktdaten auch hinreichend aussagekräftig sind. Genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen, hier unterscheiden wir mittelmäßigen Einkauf von modernem Category Management. Führende Handels- und E-Commerce Unternehmen pflegen umfangreiche Produktbeschreibungen in ihr PIM-System (Product Information System), um diese für unterschiedliche, immer wieder neue Marketing- und Vertriebsaktionen jederzeit zu nutzen.

Und die Besten der Besten gehen noch einen Schritt weiter: Sie machen aus der vermeintlichen Pflichtübung eine strategische Chance und pflegen sogar Artikelrollen inklusive der dazugehörigen Preis- und Bestandsparameter in ihr ERP-System ein. Welche Produkte sind beispielsweise die „Must Haves“ im Sortiment und mit welchen Artikeln kann ich mich strategisch von Marktbegleitern abheben?  Spezifische Unterteilungen und Zuweisungen im Produkt-Datensatz helfen dem Category Management bei der taktischen und strategischen Steuerung des Sortiments. Und sie unterstützen darüber hinaus  sogar den Vertrieb in der Kommunikation zum Kunden oder bei der Angebotserstellung.

 

Das richtige PIM-System

Auch wenn die Pflege der Produktdaten komplex und aufwändig ist, so gibt es dennoch wenig Grund, die Arbeit liegen zu lassen. Dank anwendungsfreundlicher PIM-Systeme ist die Datenpflege längst nicht mehr so manuell und umständlich wie noch vor einigen Jahren. Bei der Auswahl eines geeigneten Systems empfehle ich auf jeden Fall die Unterstützung eines neutralen Experten, denn Leistungsumfang, Bedienerfreundlichkeit, Systemkompatibilität und Kosten variieren erheblich.

Eine falsche System-Auswahl kann den Projekterfolg entsprechend nachhaltig gefährden. Allerdings gilt inzwischen auch die Faustregel: „Ohne PIM-System brauchst du erst gar nicht zu starten“. Das mag etwas übertrieben klingen, aber tendenziell stimme ich der Aussage zu. Ohne leistungsfähiges PIM-System ist in 2024 Category Management kaum möglich, erst recht nicht in einer effizienten und digitalen Form.

 

In der Box sind einige gängige PIM-Systeme aufgelistet.

Markführende PIM-Systeme
  • Stibo Systems: Datenqualitätskontrolle, benutzerfreundlich und leistungsfähig, umfangreiche Integrationsmöglichkeiten
  • Akeneo: Datenqualitätskontrolle, API-Integration, Multi-Channel
  • Pimcore: Open Source, sehr flexibel, Multichannel Publishing
  • Salsify: Integration mit e-commerce Plattformen, benutzerfreundlich, eigenes Analyse-Tool
  • ContentsServ: Workflow- und Prozessmanagement, Omni-Channel, flexibel und gut skalierbar
  • InRiver: Benutzerrollen, Kampagnen-Management, Integration in ERP-Systeme

 

Über den Autor:

Ralf Maurer ist ein international erfahrener Unternehmenslenker mit klarem Fokus auf Category Management. Er verantwortete auf seinem Karriereweg den Wachstumskurs namhafter Handels- und Distributionsunternehmen wie der Rubix Group International Ltd, der BPW Group und der Europart Holding GmbH. 2023 gründete der langjährige Geschäftsführer und Chief Product Officer Wertify Consulting. Die Boutique-Beratung für mittelständische Handels- und Industrieunternehmen fokussiert sich auf Einkauf und Category Management Prozesse. Mit seiner Expertise bietet er seitdem von individuellen Beratungsprojekten, über Einkauf- und Verhandlungstrainings bis hin zu Einkauf-Audits alle Disziplinen von Category Excellence ab.

Ralf Maurer
Ralf MaurerGeschäftsführer & Chief Product Officer
Bildunterschrift / Bildrechte: Ralf Maurer

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Blogreihe: Digitalisierung im Einkauf - Teil 1: Die Basis

Blogreihe: Digitalisierung im Einkauf - Teil 1: Die Basis