Aufgrund der Corona-Pandemie sind nach wie vor massenhaft Beschäftigte im ganzen Land darauf angewiesen, im Homeoffice zu arbeiten. Die Digitalisierung und Vernetzung in Echtzeit hat dazu geführt, dass das Arbeiten im Homeoffice oder mobil (also ortsungebunden) bei entsprechender technischer Ausstattung problemlos möglich ist.
Voraussetzung ist aber immer, dass sich die ausgeübte Tätigkeit für digitale Arbeitsformen eignet.Dies ist natürlich in erster Linie bei Bürotätigkeiten gegeben. Insbesondere in einem pandemischen Umfeld ist Homeoffice-Arbeit für Arbeitgeber und Beschäftigte von großem Vorteil. Denn die Arbeit kann auch im Homeoffice nahezu ohne Produktivitätsverlust fortgesetzt werden, die Infektionsrisiken sind zudem minimal.
Man stelle sich aber einmal vor, die Technik wäre noch nicht so weit fortgeschritten. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Krise wären wohl noch um ein Vielfaches gravierender, als sie es ohnehin bereits sind. Kaum auszumalen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie etwa in den achtziger Jahren gehabt hätte. Damals stand ja zumeist nur ein Festnetztelefon an einer zentralen Stelle im Haushalt zur Verfügung. Und dennoch, dass sog. „Face-to-Face“ Gespräch bleibt im beruflichen Umfeld natürlich bis auf Weiteres unersetzbar. Insbesondere um zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen, zu pflegen und um Konflikte sowie besonders komplexe Probleme gemeinsam zu lösen. Fakt ist auch, dass das Arbeiten in vielen großen Wirtschaftsbereichen weiterhin zumeist analog abläuft und Homeoffice aufgrund der „Art der Arbeit“ dort erst gar nicht möglich ist. Dies betrifft neben der Produktion, der Pflege und dem Transportwesen, insbesondere auch den stationären Einzelhandel (z.B. die Kassier- und Verkaufstätigkeit).
Ungeachtet dessen hat Bundesarbeitsminister Heil, bestärkt durch die massenhafte Homeoffice-Arbeit während der Corona-Krise, im April 2020 medial die Forderung nach der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Homeoffice erhoben und einen Gesetzentwurf dazu bis Herbst 2020 angekündigt. Forderungen nach einem einseitigen Rechtsanspruch für Beschäftigte sind aus Sicht der Arbeitgeber aber weiterhin - trotz Corona - entschieden abzulehnen.
Nach heutiger Gesetzeslage kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, sofern keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen wurden (bspw. im Arbeitsvertrag). So ist es in § 106 Satz 1 Gewerbeordnung geregelt und diese Norm hat sich bewährt.
Die Corona-Pandemie hat zudem eines deutlich gezeigt: Ist Homeoffice sinnvoll, wird dies zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten (auch ohne Rechtsanspruch) jederzeit unbürokratisch und flexibel vereinbart. Der Arbeitgeber kann sich auf diese Weise ja auch als familienfreundlich und entgegenkommend profilieren. Das ist vor dem Hintergrund eines auch nach Ende der Corona-Krise fortbestehenden Fachkräftemangels ein ganz wichtiger Aspekt.
Zu bedenken ist zudem, dass ein Anspruch auf Homeoffice für viele Unternehmen erhebliche Investitionen nach sich ziehen würde, da es teilweise ja doch noch an technischer Ausrüstung fehlt. Das würde insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen in der schwierigen Situation nach der Corona-Pandemie zusätzlich belasten.
Außerdem würde die Schaffung eines Rechts auf Homeoffice unnötig Vertrauen zerstören, das in den letzten Wochen und Monaten durch die praxisorientierte und unkomplizierte Ausgestaltung von Homeoffice-Arbeit in der Krise in den Unternehmen entstanden ist. Ein solcher Rechtsanspruch wird auch unweigerlich komplexe neue Rechtsfragen aufwerfen, insbesondere bezüglich des Umfangs und der Lage der Homeoffice-Arbeit.
Da all diese Rechtsstreitigkeiten noch dazu in einem laufenden Arbeitsverhältnis geklärt werden müssten, sind sie für alle Beteiligten besonders unangenehm. Ungeklärt sind auch die zahlreichen Abgrenzungsfragen, die hier der neue unbestimmte Rechtsbegriff „Art der Arbeit“ aufwerfen würde. Schlimmstenfalls müssten die Arbeitsgerichte Land auf Land ab über viele Jahre verschiedenste Tätigkeiten dahingehend überprüfen, ob sich diese für Homeoffice-Arbeit eignen oder nicht. Rechtssicherheit wäre hier noch für Jahre in weiter Ferne.
Ein gesetzlicher Katalog mit einer Auflistung von Tätigkeitsgruppen oder gar einzelnen Tätigkeiten, die sich für Homeoffice eignen, wäre ebenfalls keine gute Idee. Diese Regelungen wären viel zu starr und könnten dem hohen Maß an Individualität heutiger Tätigkeiten insbesondere im digitalen Bereich niemals hinreichend Rechnung tragen. Der Gesetzgeber wäre also gut beraten, von der Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Homeoffice abzusehen. Ein solcher würde gerade jetzt völlig unnötig Unfrieden in die Unternehmen tragen.
Mehr Informationen zu diesem und weiteren Themen des HDE, gibt es in unserer Digitalen Agenda 2020.
ein Beitrag von Steven Haarke - Geschäftsführer Arbeit, Soziales, Bildung und Tarifpolitik beim HDE